Auf unserem letzten Marokkotrip ins enDo Surfcamp, setzten wir uns auf ein kurzes Interview mit Steffen Landgraf, dem Mitgründer des Camps zusammen. Gleichzeitig ist er Surflehrer, Coach, Vater und Ehemann, alles auf einmal. Wir fragten ihn übers Surfen in Marokko und das Leben als Campleiter aus und natürlich auch, wie er sein Leben als uferloser organisiert. Lest selbst…
Hallo Steffen, danke dass du dir die Zeit für ein kurzes Interview genommen hast. Wir sind mit uferlos immer auf der Suche nach Menschen, die ihr Lebensmodell ein wenig anders gestalten und. Du bist einer davon.
Wann und wo hast du angefangen zu surfen?
In der Bretagne im Windsurfurlaub, in dem es keinen Wind gab, hat mir netterweise jemand einen Wellenreiter ausgeliehen. Da stand ich das erste Mal auf dem Brett, das war 1994 und auch die Initialzündung fürs Wellenreiten. In Frankreich habe ich mir dann direkt ein altes Bic Malibu 7´9 gekauft und selber versucht zu surfen. 1996 habe ich mir eine längere Auszeit genommen und war in Südafrika, Namibia viel Wellenreiten, obwohl ich eigentlich eher zum Windsurfen dort war. Einen richtigen Surfkurs habe ich nie gemacht. Ich habe mir alles selbst beigebracht.
1998 kam ich zurück und hatte mich entschieden ernsthaft zu studieren und bin dafür nach Kiel gezogen.
Im Winter 1998 auf 1999 war ich mit Studienkollegen für fünf Wochen in Marokko unterwegs. Wir waren dort zum Windsurfen in Essaouira. Das war mein erster Besuch in Marokko. Im Sommer drauf arbeitete ich für sechs Wochen als Surflehrer in Frankreich.
Bist du bereits mit dem Gedanken, näher am Wasser zu wohnen, nach Kiel gezogen?
Ja, ich wollte in Deutschland studieren und gleichzeitig die Möglichkeit haben aufs Wasser kommen. Der Windsurf- und Wellenreithype ging im Norden gerade so los. Mittlerweile gibt es dort mehr Wellenreiter als Kiter und Windsurfer. Das hat sich völlig gewandelt.
Wie ist das enDo Surfcamp entstanden?
Meinen Geschäftspartner Gerrit, habe ich 1999 in Frankreich kennengelernt, wir haben dort zusammen in dem Surfcamp gearbeitet. Die Idee etwas eigenes zu machen, kam dort auf. Ich warf Marokko in die Waagschale, weil ich es total interessant und faszinierend fand.
Wir hatten uns dann verabredet und sind gemeinsam im Dezember 99 runter geflogen. Gerrit war für zwei Wochen da, ich blieb drei Monate. Gegen Ende kam Gerrit dann noch einmal und wir hatten schnell ein Haus gefunden und die ersten Freunde kamen zu Besuch. Von der Idee zur Umsetzung verging nicht viel Zeit.
Das ging ja wirklich schnell, aber lief das wirklich alles so easy?
Wir sind auf einer Glückswelle geritten und relativ unbedacht und blauäugig an die Sache ran gegangen. Je älter man wird, desto mehr denkt man nach und schätzt die Risiken ab. Damals haben wir einfach gemacht. Eins kam zum anderen und hat sich ergeben. Anfangs war alles easy. Erst als es ernst wurde mit Papieren, der Firmengründung, etc. wurde es ein wenig holprig. Wir mussten schon einige harte Hürden nehmen. Dafür war es super, dass wir zu zweit waren. Ich denke weder Gerrit noch ich hätten das alles alleine gemacht. Man konnte sich immer wieder gegenseitig aufbauen.
Wie habt ihr das organisatorisch gelöst mit Studium und Camp?
Uns war anfangs nicht klar, was passieren wird. Eigentlich wollten wir studieren und enDo war als Projekt neben dem Studium geplant. Im Sommersemester wollten wir in Deutschland studieren und das Wintersemester in Marokko verbringen. Genauso haben wir es die ersten Jahre auch gemacht. Hat gut funktioniert, das Studium hat eben ein bisschen länger gedauert.
Du bist eine Zeit lang in Marokko und eine Zeit lang auf den Malediven. Wie lässt sich das mit deinem Leben zu Hause und vor allem mit deiner Familie vereinbaren?
Von etwa Mitte Mai bis September bin ich daheim und kann mir Zeit für die Familie nehmen. Es ist immer ein Spagat und ich versuche nicht zu lange am Stück in Marokko zu sein. Alles unter einen Hut zu bekommen ist nicht ganz leicht für den Kopf. Vor allem braucht man aber eine starke Frau an seiner Seite, die das mitmacht und zu Hause alles stemmt, während ich nicht da bin. Ich kann froh sein, dass ich so eine Frau Zuhause habe und sie alles alleine managt. Wenn ich in Marokko bin, muss ich auch arbeiten und Dinge erledigen, aber dennoch habe ich Sonne und kann surfen gehen. Das ist einfach etwas anderes und sie arbeitet ja Zuhause auch zusätzlich.
Kann man sagen du bist Hausmann, in der Zeit in der du daheim bist?
Ja. Ein bisschen Verwaltungskram mit dem enDo Webshop, Malediven Boattrips und Marokko hat man zu Hause natürlich auch. Das sind ein paar Stunden am Tag an den Rechner. Zuhause sein bedeutet aber größtenteils Familienzeit. Im Sommer machen wir eigentlich auch immer einen längeren Trip mit unserem Bus irgendwohin.
Kannst du dir vorstellen, so die nächsten 10 -15 Jahre weiter zu machen?
Ja. Ich habe mir lange überlegt, wieder ins normale Berufsleben einzusteigen. Marokko nur nebenbei würde aber nicht funktionieren. Es war also eine entweder oder Entscheidung. Mein Bauchgefühl hat mir gesagt, ich möchte weitermachen und das durchziehen. Sollte hier alles schief gehen und wir in Marokko keine Zukunft mehr haben, dann kann ich mir immer noch was anders überlegen. Ich denke es wäre dumm zu sagen, ich mache jetzt etwas anderes.
Du hast angefangen in Deutschland als Coach zu arbeiten, wie läuft das?
Es ist ein hartes Business und schwierig Kunden zu bekommen. Wir machen Erlebniscoaching für Schulen und Firmen, das ist ein hartes Pflaster, wofür es einfach engagierte Leute in Schulen und Firmen braucht. Viel ist Vertrauenssache und einige meiner Kunden, waren vorab Gäste bei enDo. So muss man einfach manchmal zur richtigen Zeit am richtigen Tresen stehen.
Marokko oder Malediven, wo fühlst du dich wohler?
Es hat beides Vor- und Nachteile. Manche Leute sagen ja, sie wollen nur noch da oder da surfen gehen, das kann ich nicht verstehen. Ich genieße es bei 10 Grad in die Ostsee zu hüpfen und finde das witzig. Genauso wie Marokko mir Spaß macht. Der Malediven Boattrip ist der Hammer und man wird es definitiv nicht bereuen. Aber man kann ja nicht sagen, man will nur noch auf den Malediven surfen. Es ist immer mal nett, aber auch nett wieder abzureisen und woanders hin zu fahren. Man weiß erst, wie cool es ist, wenn man wegfährt und was anderes sieht. Marokko ist schon eine große Liebe zum Surfen und zum Land. Ich bin sehr gerne da.
Ist Marokko für Anfänger gleichermaßen geeignet wie für Profis?
Ja. In der enDo Ecke (Tamraght) ist für alle etwas dabei. Auf einem Abschnitt von etwa 25km findest du immer Wellen und kannst die Größe variieren. Willst du eher kleine Wellen fährst du Richtung Agadir, willst du es größer geht´s Richtung Norden. Das ist schon wirklich sehr besonders in Marokko. So eine Ecke ist schwer zu finden, in der du auf einem so kurzen Küstenabschnitt so viele Varianten findest.
Wie sollte man sich auf seinen ersten Surftrip vorbereiten?
Erst einmal überlegen und Recherche betreiben. Welche Jahreszeit macht wo zum Beispiel Sinn? Frankreich im Sommer ist für viele die erste Surfdestination. Dann macht es Sinn in einer Surfschule die Basics zu lernen. Selbstbeibringen ist möglich, aber der Weg des Leidens wird in einem guten Surfcamp kürzer.
Surfcamps haben oft einen zwielichtigen Ruf. In Surfmagazinen werden oft Specialcamps vorgestellt und auf der anderen Seite sehen sich ja alle als Soulsurfer und Individualisten. Surfcamps sind verhasst und machen nur die Spots voll. Du musst dir als Surfanfänger ein gutes Camp aussuchen, um richtig was zu lernen.
Was hat sich in Marokko in den letzten Jahren verändert?
Punktuell ist bei uns natürlich das Hotelprojekt die größte Veränderung. Ob gut oder schlecht? Keine Ahnung. Vom Gefühl her war es schöner wie´s war – die große Wiese mit Ziegen- und Dromedarherden… Auf der anderen Seite müssen Jobs geschaffen werden und der Tourismus ist wichtig für die Leute. Auf dem Plan und auch jetzt in der Umsetzung sieht es ok aus. Es sind keine riesigen Hotelburgen. Außerdem wurde eine Kläranlage gebaut, eine Kanalisation folgt und vielleicht bekommt man das Müllproblem in den Griff.
Welches Surfbrett nimmst du mit nach Marokko?
Wenn ich nur ein Board mitnehmen würde, was ich nie machen würde, wäre es irgendein Allrounder, mit dem man kleine und größere Wellen surfen kann und welches auch über Kopf hoch noch geht.
Zwei Bretter sollte man aber schon mitnehmen, wenn nicht sogar drei. Ein Board das alles abdeckt ist unmöglich.
Ein Brett ist für kleine Wellen, eins für mittelhohe und eins, wenn es dann wirklich ernst wird. Außerdem hast du Ersatz, falls eins kaputt geht. Das geht schnell, wenn man hier die Riffe surft.
Was darf in deinem Surfgepäck nicht fehlen?
Hm schwierig. Medizinische Sachen sollte man immer mitnehmen. Elotrans, dieses Elektrolytpulver ist super. Vaseline ist nie verkehrt, wenn man sich mal wund gepaddelt hat. Solares und Ducktape sind auch nie verkehrt und vielleicht ein Breitbandantibiotikum, wenn man so was mal auftreiben kann.
Vielen Dank, dass du dir Zeit genommen hast für uns!