Das Arbeitsleben an die Freizeit anpassen, das ist eine Wunschvorstellung, die in vielen Köpfen herum schwirrt. Für viele bleibt es ein Hirngespinst, Berni von uferlos arbeitet aber hart daran, genau das zu realisieren. Um so viel Zeit wie möglich im Wasser zu verbringen, hat er sein Lebensmodell angepasst und verdient sein Geld quasi von überall. Wie seine Surferkarriere begann und wie sich das in den Alltag integrieren lässt, lest ihr hier…
Steckbrief
Name: Berni Mairhofer
Surf-Level (Eigeneinschätzung): Advanced
Quiver: Pukas Original 69er, Lost Puddle Jumper, Light Shortboard (kein Name ersichtlich), Norden Bat Tail Quad (das war mein erstes Surfboard), Nexus Flow (mein River-Surfboard), Escape Surfboards Space Monkey (Ersatzbrett für den Bach)
Lieblings-Surfspot: Killers (Marokko)
Surfbrett-Spitznamen: das Gelbe, das kleine Dicke, Batty, Monkey
Wann und wo hast du mit dem Surfen angefangen? Kannst du dich erinnern, was du beim Reiten deiner ersten Welle gedacht hast?
Im Kopf habe ich in Amerika mit dem Surfen angefangen. Auf einem Trip nach Kalifornien habe ich in San Diego den Surfern zugesehen und mich sofort verliebt. Ich wusste, das muss ich auch ausprobieren. Zu meinem Glück hatte ich kurz darauf zwischen Bachelor- und Master-Studium ein Work and Travel in Australien geplant und dort bin ich dann südlich der Grampians in Port Fairy zum ersten Mal auf dem Surfboard gestanden. Ich hatte 2 Stunden Kurs mit einer australischen Freundin – dickes Danke an dich Laura.
Bei meiner ersten Welle dachte ich mir, das ist ja gar nicht so schwer. Aber bei der zweiten und dritten habe ich schon gemerkt, dass Surfen doch ziemlich schwer ist. Beziehungsweise habe ich mir direkt in Adelaide ein Surfboard von einem Freund geliehen und bin mit ihm in die Fluten gesprungen. Da habe ich gar nicht gut ausgesehen und konnte mich kaum liegend auf dem Board halten. Die ersten richtigen Schritte beim Surfen machte ich im Surfcamp in der Nähe von Wollongong und danach beim Surfen in Yamba (ist für jeden Australien-Reisenden einen Besuch wert). Mir hat es damals super geholfen, in ein Surfcamp zu gehen und dort zu üben.
Du bist selbstständig und arbeitest als digitaler Halb-Nomade. Was bedeutet der Begriff für dich persönlich und wie organisierst du dich auf Reisen?
Ich würde mich eigentlich nicht als digitalen Nomaden bezeichnen. Mir ist die Arbeit offline und mit unseren Kunden sehr wichtig. Aber das flexible Arbeiten als digitaler Nomade, hat es mir angetan. Mein Ziel war es mein Leben nicht am Arbeiten zu orientieren, sondern die Arbeit am Leben und meinen Bedürfnissen auszurichten. Es klingt alles etwas romantisch, aber Arbeiten bis zur Rente und dann beginnt das schöne Leben – das ist nichts für mich und ich glaube, so denken viele in unserer Generation. Ich habe noch nicht das optimale Mittel gefunden. Aber mein Ziel ist es a) etwas zu tun das mir gefällt b) im liebsten Fall wann es in meinen Plan passt und nicht jeden Tag von 9-17 Uhr und c) ortsunabhängig, um auch meinen reiseintensiven Hobbys wie dem Surfen nachzugehen. Deshalb haben wir uns mit einer kleinen Online Marketing Agentur selbstständig gemacht und gestalten Homepages, schreiben Texte, erstellen Werbemittel und vieles mehr. Das ist auch mal trocken, aber ich kann es überall machen und meistens macht es mir Spaß. Mehr zu unserer Agentur findet ihr auf https://wp-schmiede-muenchen.de/.
Beneidest du manchmal die Leute, die einfach Urlaub machen können ohne den Computer immer im Schlepptau zu haben oder bist du happy damit, wie es ist?
Ja und Ja. Ich bin sehr happy mit der Situation die Arbeit mitnehmen zu können und kann mir fast nicht mehr vorstellen ohne Arbeit unterwegs zu sein. Dadurch habe ich eigentlich nie Urlaub und immer ein bisschen. Ich bin mir nicht sicher, ob das gut ist und denke ich muss lernen auch abzuschalten. Generell kommt aber so bei mir selten das Gefühl auf Urlaub zu brauchen, weil ich mir auch Zuhause Auszeiten gönne und kleine Alltagsfluchten einbinden kann. Diesen Sommer gab es keine Woche, in der ich komplett in München war und im Winter passiert das schätzungsweise nur, wenn ich erkältet bin. Das ist schon ein cooles Leben.
Wie sieht der perfekte Surftag für dich aus? Gibt es Situationen in denen du dich überwinden musst ins Wasser zu gehen?
Der perfekte Surftag ist der Tag, an dem du es schon in der Früh spürst. Die Vorfreude ist da und der Swell kommt wie angesagt bzw. so wie ich es mir vorgestellt habe. Brusthohe Wellenwände peelen sich langsam am nahezu leeren Pointbreak entlang. Die Wellen sind so gut, dass ich kaum noch aus dem Wasser möchte – Surfen bis die Arme nicht mehr mitmachen.
Überwinden muss ich mich öfter Mal ins Wasser zu gehen. Nach einer Woche Surfen werden die Beine schwer, die Arme lang, die Augen müde und die Motivation ist nicht so einfach zu erzeugen. Vor allem, wenn dann nach der Surfsession noch eine Arbeitsrunde wartet. Irgendwann ist das Energielevel niedrig. Dann braucht es schon Sonne und gute Wellen, um die nötige Energie freizusetzen. Bei Regen und ungewissem Forecast tue ich mich schon mal schwer mich aufzuraffen. Bei Arbeitstrips versuche ich mittlerweile nur noch ins Wasser zu gehen, wenn die Bedingungen auch gut sind. Früher war mein Motto eher viel hilft viel und ich bin bei allen Bedingungen ins Wasser.
Hast du ein Ritual, was vor keinem Surf fehlen darf?
Rituale sind mir ganz wichtig. Vor dem Surf mache ich meine Aufwärmübungen am Strand. Das ist immer der gleiche Ablauf, das bringt den Kopf auf Betriebstemperaturen und der Körper weiß es geht gleich Surfen. Ein derartiges Ritual schraubt das Konzentrationslevel hoch und beugt Verletzungen vor. Auf dem Weg ins Meer lege ich dann mein Board aufs Wasser und drehe es einmal, um auch das Wachs nass zu machen. Erst dann lege ich mich auf mein Board und paddle ins Line Up.
Du bist gerade in Nordspanien unterwegs. Kannst du was zum Surfen in Spanien erzählen? Welche Spots haben es dir angetan?
Das Surfen in Spanien ist der Hammer. Ich bin ein echter Fan der gesamten Nordküste Spaniens und bin jetzt zum 3. Mal hier unterwegs. Ich habe immer noch nicht alle Spots in Spanien gesehen, aber das was ich gesehen habe, gefällt mir wirklich gut. Die ganze Küste ist gespickt mit landschaftlichen Highlights und schönen Surfspots. Für mich ist San Vicente de la Barqueira ein klasse Ort.
Dort hast du drei Spots zur Auswahl und kannst damit auf viele verschiedene Bedingungen reagieren. Du kannst sich auch super mit dem Camper auf die Wiese vom Bauern stellen, hast eine Dusche und ein Klo und einen genialen Blick auf Spot und Berge im Hintergrund.
Hast du dich auf diesen Surftrip speziell vorbereitet oder lässt du es auf dich zukommen?
Dieses Jahr war der innere Schweinehund schwer zu überwinden und der Stress die letzten Tage vor Abreise relativ groß – alles Ausreden 🙂 Ich habe die letzten zwei Woche vor der Abfahrt Take-offs geübt und ca. 4 Mal Yoga für Surfer gemacht, damit die Grundfitness stimmt. Normalerweise gehe ich aber fitter in den Surfurlaub. Die Fitness muss ich mir beim Surfen erarbeiten, wir sind ja Gottseidank eine Weile unterwegs.
Was nimmst du auf jeden Surftrip mit, dass nicht jeder im Surfgepäck hat? Oder welchen wichtigen Tipp hast du als Surfer für Deutsche, die Surfen lernen möchten?
Ich habe ultra viel Stuff für meine Ohren dabei, weil ich immer wieder Probleme mit den Ohren habe. Um keine Ohrenentzündung zu bekommen, surfe ich immer mit Ohrenstöpsel und bin dabei ein großer Fan von Sorkys geworden. Mehr dazu: Ohrenschutz beim Surfen. Deutschen, die Surfen lernen wollen, würde ich raten: sucht euch ein gutes Surfcamp und lernt die Techniken von Beginn an richtig + Trockenübungen inklusive Take-off-Training bringen so viel. Ansonsten hilft es am meisten Spaß zu haben und längere Zeit am Meer zu verbringen.